Erleuchtung mit Beleuchtung?

Interview

mit Bruder

Carsten Meisner OSA

Bunt, modern und offen – das sind nicht unbedingt die Adjektive, mit denen man die katholische Kirche in unseren Zeiten verbindet. Doch während die Zahl der Kirchenaustritte deutschlandweit steigt und die Mitgliederzahl der katholischen Kirche ihren Tiefststand erreicht hat, erfreut sich die Augustinerkirche in Würzburg wachsender Besucherzahlen. Gemeinsam mit Bruder Carsten Meisner wagen wir einen Blick auf Tradition und Moderne und fragen uns, was Veranstaltungstechnik mit gelebter Ökumene zu tun hat.

Carsten, Du hattest erwähnt, dass Ihr in der Augustinerkirche trotz der insgesamt sinkenden Mitgliederzahlen der katholischen Kirche eher Zuwachs verzeichnet.
Was tut Ihr, um Eure Gottesdienste und Angebote attraktiv zu machen?

Naja, das mit dem Zuwachs ist wahrscheinlich verschiedenen Faktoren geschuldet: zum Einen liegen wir sehr zentral in der Würzburger Innenstadt und sind historisch in der Stadt verwurzelt. Man kennt die Kirche und weiß, dass sich Augustiner dahinter verbergen. Viele unserer Kirchenbesucher begleiten uns schon lange zu vielen sind über lange Zeit hin persönliche Beziehungen gewachsen. Nichts desto trotz dürfte die letzte Renovierung der Kirche ein wichtiger Impuls für eine Neuausrichtung gewesen sein. Uns ging es vor allem darum, das gemeinsame Feiern von Gottesdiensten zu betonen: Der Altar steht in der Mitte des Kirchenraumes, der Priester hat keinen festen und erhobenen Sitz mehr alle befinden sich somit „auf einer Ebene“. Hinter diesem Ansatz steht der Anspruch, dass im Gottesdienst und im Umgang miteinander nicht der Status, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht. Die räumliche Gestaltung ist aber nur ein Aspekt. Gelebte Ökumene ist uns wichtig. Es geht uns nicht darum, katholische Orthodoxien und Traditionen ihrer Selbstwillen zu tradieren, sondern auf ihre Tauglichkeit und Relevanz für unsere Gesellschaft zu hinterfragen. Kirchenmusik ist uns dabei wichtig und dies nicht nur während der Gottesdienste. Unser Kirchenmusiker Hans-Bernhard Ruß organisiert ein reges Programm mit zahlreichen Konzerten während des Jahres. Der Schwerpunkt liegt dabei zwar auf Orgel- und klassischer Musik, aber immer wieder haben wir auch Veranstaltungen mit Jazz, elektronischer und experimenteller, neuer Musik. Da wir bei der letzten Renovierung unsere Kirchenbänke durch Stühle ersetzt haben, sind wir sehr flexibel hinsichtlich der Bestuhlung und dem Setup: Altar und Ambo sind mobil und können für Veranstaltungen entfernt werden, der Raum bietet die unterschiedlichsten Möglichkeiten, eine Bühne aufzustellen und „Shows zu fahren“. In der Adventszeit führen wir seit der Renovierung eine Veranstaltungs- und Konzertreihe durch mit zwei Konzerten pro Woche und besonderer musikalischer Gestaltung während der an Werktagen täglich stattfindenden Musik & Meditation. Die Spannweite reicht von Orgelkonzerten weltbekannter OrganistInnen über Amateurchöre bis zu professionellen Orchestern.

Mit unseren Angeboten kommen wir zwar immer wieder mal an die Grenze dessen, was wir leisten können, aber wir planen gerade auch, in andere, modernere Musik-richtungen zu gehen.

Warum hältst Du es für sinnvoll, solche neue Wege zu gehen?

Neue Wege zu gehen ist für mich wichtig. Das betrifft sowohl die persönliche Entwicklung wie auch das religiöse Leben. Ich denke, das liegt daran, dass ich die moderne Gesellschaft nicht als Bedrohung oder Gefahr der Religion sehe, sondern als Inspirationsgeberin und Korrektorin. Die wissenschaftlich-technische Entwicklung hat unser Weltbild so umgreifend verändert, dass sich dieses – meiner Meinung nach – in unserer religiösen Praxis und unserem Handeln widerspiegeln muss. Ich denke, wenn man heute für die Menschen in seiner Umgebung relevant bleiben will, muss man sich offen gegenüber dem Neuen zeigen und prüfen, ob und wie man es selbst einbauen kann. Es geht also nicht einfach nur um das „Mitschwimmen im Zeitgeist“ sondern um eine wirkliche Auseinandersetzung damit. Naja und ich muss gestehen, dass ich die Showtechnik und die Möglichkeiten, die sie bietet, einfach mag.

Ihr verwendet bei Euren Konzerten, kulturellen Angeboten und Gottesdiensten auch Lichttechnik. Was hast Du in den letzten Jahren hinsichtlich der Verwendung von Veranstaltungstechnik in der Kirche gelernt?

Tja, das ist spannend! Als ich vor ca. 10 Jahren hier nach Würzburg kam, spielte Lichtdesign nur eine untergeordnete Rolle. Bei der letzten Renovierung wurde zwar eine neue, teure Beleuchtungsanlage installiert, die in ihren Möglichkeiten, unterschiedliche Stimmungen zu kreieren, jedoch stark eingeschränkt war – so etwas hatte man damals schlicht nicht im Blick und war auch nicht absehbar, dass sich unser Bedarf in diese Richtung entwickeln würde. Dass farbiges Licht und Lichteffekte eingesetzt wurden, kam nur in Ausnahmefällen vor – bspw. bei besonderen Veranstaltungen, die ein höheres Budget hatten, oder bei denen Lichteffekte unabdingbar waren. Als nach dem Kirchenumbau unsere musikalischen Veranstaltungen auf große Resonanz stießen, bewegten wir uns allmählich in eine professionellere Richtung – auch im Veranstaltungsbereich. Ich hatte ein paar Grundkenntnisse in Veranstaltungstechnik und schlug vor, dass wir unsere Veranstaltungen durch Showlicht attraktiver machen könnten, was zunächst bei meinen Mitbrüdern nicht die riesige Begeisterung ausbrechen ließ. Sie assoziierten Moving-Heads und mehrfarbige Scheinwerfer eher mit Diskos und konnten nicht so richtig sehen, wie sie unsere Veranstaltungen bereichern würden. Wir haben dann ein paar kleinere Veranstaltungen mit Mietequipment gemacht und waren von den Reaktionen überrascht, so dass wir mit einer kleinen Grundausstattung an günstigen Flutern und Theaterspots begannen. Dann kamen die ersten Moving-Heads. Dann ein Hazer und drei Showlaser. Ich habe einen Kurs zum Laserschutzbeauftragten gemacht und mich an Ilda und Co, Artnet und Videostrecken erfreut. Vor drei Jahren haben wir dann auch ein professionelles Lichtpult angeschafft. Von Anfang an waren die Funkempfänger der Marke Eurolite mit dabei: Meine Mitbrüder hatten von vornherein eine Ablehnung gegenüber Kabeln und allzu sichtbarer Technik im Raum.

Produkte im Einsatz:

  • 6x Futurelight DMH-300
  • 8x Futurelight DMH-200
  • 4x Futurelight DMH-160
  • 6x Futurelight Eye-37 RGBW
  • 8x Futurelight Eye-19 HCL Zoom

Wie reagieren die Kirchgänger/ Besucher darauf? Wie ist das Feedback?

Am Anfang waren unsere BesucherInnen etwas überrascht, aber die Reakti-onen waren positiv: Wir hatten nur die Fluter und Spots für das Erzeugen von Stimmungen. Alles wurde über eine DMX-Software auf dem iPad gesteuert und Szenenwechsel erfolgte immer zu Beginn des nächsten Stückes. Mit den Möglichkeiten, die bewegtes Licht bietet, war es dann schon etwas anders wobei auch meine mangelnde Erfahrung dazu beitrug: Im Rahmen vorwiegend klassischer Musik war damals und ist wohl heute auch noch Showbeleuchtung eher ungewöhnlich bewegtes Licht eher eine Seltenheit. Unser Publikum war da nicht so wirklich mit vertraut: viele unserer Konzertbesucher sind 50+. Manche waren durch den Einsatz von Hazern irritiert. Sogar bis heute kommen gelegentlich noch Äußerungen, dass das doch sicherlich gesundheitsschädlich wäre. Wir haben dann immer wieder nachjustiert und so im Laufe der Zeit ein stimmiges Zusammenspiel zwischen Veranstaltungstechnik und Musik im Trial-and-Error-Verfahren erarbeitet, bei dem ich viel gelernt habe. Aber unser Publikum schätzte von Anfang an unseren eingeschlagenen Weg. Mittlerweile gehören die Lichtgestaltung, sowohl von statischem wie auch bewegtem Licht, fest zu unseren Veranstaltungen dazu und werden sogar vermisst, wenn wir bei Veranstaltungen das „normale weiße Licht“ einschalten. Bei Gottesdiensten verwenden wir zwar in erster Linie warmweißes, angenehmes Licht – bei der „moonlight mass“, die jeden Sonntag um 21 Uhr stattfindet und etwas anders als typische katholische Gottesdienste gestaltet ist, ist die Kirche in Blau getaucht – mit weißen Spots auf Altar und Ambo. Bei „Musik & Meditation“, eine Veranstaltung, die einmal pro Woche und im Dezember sogar an allen Werktagen statt findet, leuchtet der Kirchenraum in farbigem Licht.

Was würdest Du Deinem jüngeren Ich (oder anderen Kirchenmännern) in Hinblick auf den Einsatz von Licht in der Kirche raten?

Für Kirchengemeinden und Klöster im katholischen Bereich ist es wahrscheinlich ungewöhnlich, wie wir Lichttechnik einsetzen, und auch dass wir unsere Kirchenbeleuchtungsanlage selbst planten und installierten. Zu sehr scheint bei den Verantwortlichen und Architekten die Überzeugung zu bestehen, dass Showtechnik nur in der Veranstaltungstechnik etwas zu suchen hat und man doch lieber auf bewährte Kirchenbeleuchtungsansätze zurückgreift. Ich hingegen bin froh, dass wir unseren Weg gegangen sind und gehen – selbst wenn wir immer wieder einiges lernen mussten, wie z.B. dass es noch keine Lichtshow ist, wenn sich zwei einsame Moving-Heads vor sich hin drehen.

Worauf legst Du bei der Auswahl der Lichttechnik Wert/ welche Eigenschaften sollte die Technik mitbringen, damit Du sie verwenden kannst?

Das ist einfach zu beantworten: Da wir Lichttechnik vor allem im Bereich klassischer Musik und diverser kultureller Veranstaltungen einsetzen, muss sie über eine gute Lüftersteuerung und möglichst leise Lüfter verfügen. Ansonsten stören sie zu sehr das Geschehen. Darüber hinaus benötigen wir eine hohe Lichtleistung, da unsere Kirche relativ groß ist und ich den Installa-tionsaufwand bei Veranstaltungen möglichst klein halten muss, da wir nur ein kleines Team sind, bei dem jeder auch noch viele andere Aufgaben im Haus wahrnimmt. Anders als bei Popshows oder Rockkonzerten muss ich allzu schnelle Bewegungen oder hektisches Blinken in der Regel vermeiden, so dass die Intensität des Lichtes dieses wettmachen muss. Wir setzen Licht auf vier Arten ein: Als Ausleuchtung der Akteure, als Strahleneffekte, als Wandprojektionen und als stimmungsvolle Ambientbeleuchtung – schöne Gobos, kräftige Farben und eine hohe Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten der Fixtures sind einfach toll. Für uns ist wichtig, dass das Preis- LeistungsVerhältnis stimmt, da unser Equipment nicht wirklich Teil eines Businessplans ist, wie ihn Clubs oder Konzertveranstalter haben.

Wir bedanken uns ganz herzlich für das Gespräch!

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Mehr Informationen zu den Augustinern in Würzburg und Bilder vergangener Veranstaltungen gibt es unter www.augustinerkirche-wuerzburg.de.

Quelle Text u. Bild: „MOVE“ Das Showtechnik Magazin 01/2020

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